"Levia." wiederholte Elias mit rauer Stimme. Er wollte es sich gut einprägen, denn er wollte sie nicht so schnell vergessen. Auf Levias Arm hoben sich die feinen Härchen, eine Gänsehaut. Auch wenn er sich es gerne zugeschrieben hätte der Auslöser dafür gewesen zu sein, fühlte auch er den kühlen Wind aus der Klimaanlage.
Elias griff in die Brusttasche seines schwarzen samten Hemds und holte seine Visitenkarte raus. Schwarzmatt mit goldener Aufschrift.
"Elias."
Sein Name Elias Deleon und eine Handynummer. Er reichte sie ihr. Sie nahm die Karte, auch wenn er ein Zögern wahrnehmen konnte. Ihre Augen blieben nämlich an dem goldenen Ring hängen. ALs sie die Karte abnahm schien sie nicht ganz zu wissen, wohin damit, als sie wahrscheinlich nur der Etikette halber einen Moment sich die Karte angesehen hatte. Sie schob die Visitenkarte in das Kartenfach ihres Handys. Wenn auch umständlich, denn sie ließ nicht los, oder ließ er sie nicht los?
Ihr Puls beschleunigte sich langsam. Du machst die Leute nervös, Elias. hörte er Olgas Stimme in seinem Kopf. "Machst du Urlaub?" fragte er und vernahm wieder ein Zögern.
Ok. Levia. Denk nach. Du entscheidest dich mit 27 alleine einen Urlaub in Spanien zu machen. Du darfst auf keinen Fall jemand sagen, dass du alleine Urlaub machst. Du bist ein Gefundenes Fressen! hörte Levia Mary in ihrem Kopf. Levia konnte noch nicht zuordnen ob das die Visite von einem Model oder Mörder war. Eins sah sie aber. Married. Fuck. Fuck? Was hast du dir den schon vorgestellt? Das du mit dem Typen hier auf dem Klo ne Nummer schieben kannst? Und dann? Wenn turbolenzen kommen fängst du an zu heulen?
"Ich fliege Freunde besuchen. Aber ja, Urlaub." sagte sie sanft. Sie wollte ihn das selbe fragen, doch seine Augenbraue zuckte kurz irritiert, weshalb sie inne hielt.
"Alleine?" fragte Elias knapp und Levia fühlte ihren Puls inzwischen an ihrem Hals. Der Mann spielte mit Levias Instinkten. Durfte sie ihm trauen, oder nicht?
"Ich meine bei deiner Flugangst." erklärte sich Elias, da er merkte, dass er wohl nicht gerade einladend wirkte. Er blickte kurz zurück zu seiner Hand in der Levias lag. Nein, sie wollte sich nicht lösen.
"Achso!" rief Levia tatsächlich entspannt. "ja.. gut sie können schlecht aus Spanien her fliegen, mich aufsammeln und wieder zurück fliegen." witzelte Levia und Elias entgegnete ihr mit einem sanften Lächeln.
"Warum?" fragte Elias dann aber und nun war Levia diejenige, die mit der Augenbraue zuckte.
"Teuer." sagte sie knapp. Zeit Verschwendung! Unnötig! Aber...
Levias Augen glitten wieder über die Aufmachung des Typen. Alles im schicken schwarz. Selbst seine dicke Armbanduhr war nicht silbern, sondern wirkte als würde sich schwarzer Rauch auf ihr Spiegeln. Seine Freunde würden es wahrscheinlich machen.
Die Stewardess kam mit einer Flasche Wein und zwei Gläsern. "Dann bestehe ich darauf, dass ich zahle." sagte Elias knapp. Die aufgeputzte Frau schenkte den beiden die Gläser ein und reichte es erst Levia und dann Elias.
Als sie weg war beugte sich Levia vor und fragte vorsichtig. "Wie viel kostet das denn?"
"350€" sagte Elias und Levia lehnte sich stumm in ihren Sitz zurück. Sie sah das Wein in ihrer Hand und schwenkte es. Sie beobachtete Elias, wie er einen Schluck davon nahm und dann wieder zu ihr sah.
"350€?!" sagte sie dann doch laut und entsetzt und Elias lächelte wieder auf. Ihr Ticket, hat nicht so viel gekostet wie der Wein.
Ok. Was wissen wir. Levia, du bist ein Trottel und hättest fast dein gesamtes Bargeld für eine Entschuldigung ausgegeben.
Sie nippte von dem Wein und sah wieder in das Glas.
"Und?" fragte Elias interessiert und Levia errötete leicht und murmelte "schmeckt scheiße."
Elias stieß wieder amüsiert die Luft raus und nickte. "Ja. Finde ich auch." er nippte aber wieder von dem Wein.
Levias Hand entspannte sich langsam auf seiner. So schnell konnte der Wein nicht wirkten. Sie fühlte sich wohl?
"Und was machst du in Spanien? Arbeiten?" fragte sie und ließ es offen ob er modelt oder morden geht. Mary würde sie verfluchen weil sie so in Klischees dachte, aber wenn sie ihn vor sich haben würde, würde sie das selbe sagen!
"Beerdigung." sagte Elias knapp und sah wie Levia leicht die Schultern fallen lies. "Oh." sagte sie.
Mörder? Wirklich? Weil er komplett in schwarz gekleidet ist? Gut aussieht? Spanier ist? Dir die verdammte Visitenkarte zugeschoben hat als könntest du ihn auf jemanden anheuern? Er geht auf eine Beerdigung. Beerdigung!
"Mein Beileid." sagte sie dann als sie die Stille bemerkte aber das Model vor ihr lächelte nur wieder sanft.
"Danke." sagte Elias, der Etikette halber und nippte mit ihr Zeitgleich von dem Wein. Er merkte, dass die Frau ihn immer wieder an sah, als würde sie sich den Kopf zerbrechen, wie sie das Thema zu etwas anderem lenken konnte. Elias tat das selbe, jedoch mit dem Blickt in seinen Wein, oder zu dem Fenster.
Gott der Mann trauert. Levia. Lass ihn in Ruhe. Sie sah wieder zu ihrer Hand in seiner. Vielleicht brauchte er das in dem Moment gerade genau so sehr wie du. Und doch, nach dem sie langsam von ihrem Wein alles ausgetrunken hatte, fühlte sie sich als hätte sie ein Keil zwischen sich und dem Mann gezogen. Dein Zug ist abgefahren. Nein, eher dein Flieger.
Sie löste sich von Elias Hand um ihre Kopfhörer aus der Tasche zu suchen und sich abzuschalten. Irgendwie wurde ihr das immer peinlicher.
Elias Kopf schnellte zu ihr zurück, als würde er erwarten dass sie vorhatte aus dem Flieger zu springen.
"Ich.. uhm.. ich will nur meine Kopfhörer rausholen." sagte sie und Elias nickte. Sein Blick richtete sich auf ihre Tasche in der sie Kramte.
Sie wusste gar nicht wie nervös sie Elias Männer machte wenn sie ihre Hände in ihre Tasche vergrub. Sie könnte ja eine Knarre raus holen. Peng. Tod. Aber Elias hatte den besten Blick in die Tasche. Geldbeutel, Tabletten, Kaugummi, Müll, Schlüssel... da waren die Kopfhörer. Wireless. Kleine In-Ear Kopfhörer die sie sich in die Ohren steckte und als sie alles wieder verstaute legte sie ihre Hand wieder auf seine Zurück und lächelte ihn kurz an.
Elias erwiderte ihr lächeln und versuchte sie nicht all zu sehr zu beobachten während sie mit der Zeit anfing leise zu summen und mit ihrem Bein zum Takt zu wippen.
Nach einer Zeit kam die Stewardess wieder und sprach die beiden an. Elias antwortete, war Levia nicht hörte, sie musste erst ein Kopfhörer rausziehen um das Gespräch mit zu hören.
"Möchten sie ebenfalls etwas von unserer Karte?" fragte sie und zeigte Levia die Mahlzeiten die sie anzubieten haben. "Nein!" sagte Levia sofort. Sie wollte nicht wissen wie viel das Kostet!
Sie sah zu Elias, der ihre Augen in seinen einfing. Sie lächelte wieder etwas peinlich berührt auf und Elias blickte zu der Stewardess. "Manchen sie eine große Tapas Platte, ich möchte Levia gerne einladen." sagte er und Levia lächelte geschmeichelt auf. "Danke. Aber, ich bin wirklich nicht hungrig."
"Tapas isst man nicht um den Hunger zu stillen." anwortete er ihr einfach geschickt und Levia atmete tief ein. Das wird Mary ihr doch nicht abkaufen. Sie musste grinsen.
"Und dein Geldbeutel blutet nicht bei der Vorstellung von der Rechnung?" fragte sie, denn das war ihr größtes Problem mit der ganzen Sache. Das war doch alles Schweine teuer. M. Mafia? Hat sich jemand gegen die la Familia gewendet?
"Nein." sagte Elias knapp und Levia nickte. "hätte ich mir denken können." lachte sie leicht auf und Elias lächelte mit.
"Was hörst du da?" fragte er dann.
Levia blickte zu ihrem Handy zurück. "Uhm... gerade..."
85 Minutes of Your love - Hanne Mjoen
Elias holte sein Handy aus der Seitentasche des Flieger raus und schien es einzugeben, aber er legte das Handy schnell wieder weg. "Kein Netz."
"Möchtest du mithören?" Fragte Levia und Elias willigte ein. Sie reichte ihm den Kopfhörer, nach dem sie es nach Ohrenschmalz untersucht hatte. Nicht sehr hygienisch aber eigentlich war ihr das egal, und ihm scheinbar auch.
Der hübsche Spanier sah wieder aus dem Fenster und strich mit dem Daumen über Levias Arm.
"Wie lange bleibst du in Spanien?" fragte Levia dann doch, da sie das verlangen hatte wieder mit ihm zu sprechen. Jetzt wo sie sich nicht von ihm abschottete, sondern mit ihm ihre Musik teilte.
"Ich weiß es noch nicht." sagte Elias ehrlich und sah zu Levia zurück. "Und du?"
"10 Tage." sagte sie locker. Das war doch nicht verboten, oder Mary?
"Habt ihr Programm geplant?" fragte Elias und Levia schüttelte leicht den Kopf "Strand, hauptsächlich. Gutes Essen... vielleicht etwas die Stadt angucken. Aber hauptsächlich der Strand."
"Valencia hat eine wunderschöne Stadt." merkte er an und Levia lächelte. "Kommst du aus Spanien?"
"Valencia." sagte er mit einem charmanten Lächeln. Dieses mal kam sich Levia nicht dämlich vor. Sie interessierte sich für ihn. "Was ist das schönste an Valencia?" abgesehen von dem Mann hier.
"Der Strand." sagte er und etwas seiner Tonlage, wie er sprach, ließ Levia unbewusst auf ihre Unterlippe beißen.
Elias konnte über arbiträre Fakten wie Valencia sprechen. Somit überbrückten sie die Zeit bis das essen kam. Tatsächlich schmeckte es sogar gut und Levia aß mit, auch wenn sie eigentlich nicht wollte.
Sie war voll. Richtig voll. Und die Platte hatte noch essen drauf.
"Schmeckt es überall so gut?" fragte Levia lachend. "Dann bin ich mehr am essen als am Strand."
"Du solltest dich von deinen Freunden bekochen lassen. Nichts geht über selbstgemachte Tapas."
Levia wurde leicht rot um die Wangen. "Meine Freunde sind keine Spanier."
"Dann solltest du dir einen Suchen." sagte Elias ohne Zurückhaltung.
Levia sah zu ihrer Hand zurück, die wieder in seiner Lag und lachte leicht auf. "Einer der mich einfach so bekochen möchte?"
"Kochen macht spaß."
Ok. Das ging schnell von einem trauernden verheirateten Mörderer zu einem trauenden verheiratenden Mörderer der sich an dich ran macht. Was solls, Levia. Du hast Urlaub!
~ Als sie landeten war der Spaß für Levia vorbei. Nicht weil sich die Wege trennten, sondern weil die Panik wieder kam. Sie atmete tief ein und aus. Presste ihre Finger, ohne Nägel, in Elias Arm und kniff fest die Augen zusammen.
Dabei hörte sie neben der Musik auf dem einen Ohr, Elias durch den anderen mitsingen. Auch wenn ihr eigentlich nicht danach war musste sie lächeln. "Ist das ein versuch mich zu beruhigen?" fragte sie und spickte zu den Männer neben ihr die sie schon die ganze Zeit so fremd ansahen. Jup. Sie starrten wieder. War das Elias nicht peinlich? Naja wer von den beiden war peinlicher? Sie oder der hübschen Spanier der singen kann. Gott, er kann auch Singen? Er muss einen riesige fette Red-Flag mit sich tragen.
Ja Levia. Sein Ehering. Wenn ich sie gewesen wäre, würde ich auch so schnell es geht ihn an mich binden. Du bist zu spät. Klirr...
Als es darum ging auszusteigen, ließ Elias ihr den Vortritt. Sie bekam von ihm den Kopfhörer zurück. Den hätte sie sogar fast vergessen.
"...Danke, Elias." sagte Levia aufrichtig und sah zu dem Mann runter, der noch Sitzen blieb. "Ich danke dir." sagte er doch bevor sie einfach verschwand. Hielt er sie sanft auf und blickte zu ihr hoch. "Ruf mich an, falls dich deine Freunde hängen lassen." sagte er und Levia nickte nur.
Was meinte er damit? Mit dem Kochen? Den Sehenswürdigkeiten?... Oder Ahnte er dass sie keine Freunde in Spanien hat? Quatsch. Er ist einfach ein netter Typ. Verheiratet. Der für dich Kochen möchte. Naja, das hat er nicht gesagt. Er hat es angedeutet. Er ist verheiratet. Und geht auf eine fucking Beerdigung. Naja, dann wäre mir auch danach mit jemand lebendigem Zeit zu verbringen, dachte sich Levia und folgte demTrott mit ihrem Gepäck. Keine Spur von Elias. Klar. Erste Klasse fliegt wohl auch anders. Oder hatte er keine Koffer? Er war ja schon in voller Montur.
Levia musste sich mühsam mit den öffis zu ihrem Hotel schlagen um dann am Abend gehört zu bekommen, dass ihr Zimmer nicht mehr da ist.
"What? why?!" fragte Levia entsetzt und ließ sich erklären, dass ihr Check in Abgelaufen ist. "Hold up!" sie holte ihr Handy raus um der Frau die Email zu zeigen mit der Check In bestätigung. Aber die hatte sie nicht. Das war der Flieger.
Hast du wirklich vergessen ins Hotel einzuchecken?
Levia musste wieder aus dem Hotel gehen. Sie haben kein Zimmer mehr für sie. Kein. Zimmer. Mehr. Also musste Levia sich von Hotel zu Hotel schlagen. Sie hatte ein Zimmer für 9 Tage bekommen. Aber erst morgen um 10. Ok Levia, keine Panik. Du wollte schon immer eine Nacht am Strand verbringen. Sie sah aber zu ihrem großen Koffer runter. Den sollte sie lieber verbuddeln.
Prio 1. Handy laden.
Prio 2. Wlan finden.
Prio 2. Sicheren ort am Strand finden.
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Elias wachte um 4 Uhr morgens zu einer leichten Vibration an seinem Nachttisch auf und stellte den Wecker aus. Er richtete sich ohne zu zögern auf und schlüpfte in ein Shirt, eine Jogginghose und Joggingschuhe. Es war 3 Uhr morgens, ihn wird niemand sehen und es war dafür immer noch verdammt warm draußen. Mit dem Handy in der Hand worin seine Hotelzimmerkarte verstaut war, ging er aus dem Hotel und joggte los. Er ließ es langsam immer schneller werden. Sprintete dann los.
Teilweise sogar mit geschlossenen Augen. So gut, kannte er noch die Strecke. Olga würde ihn dafür klein machen aber sie war nicht da. Zu dumm.
Nach knapp 45 Minuten Dauer sprint sehnte er sich nur noch nach dieser Riesenlaterne, die er sich als Ziel gesetzt hatte. Nur. Noch. Ein. Bisschen. Am liebsten hätte er sich auf den Boden geworfen. So kaputt war er schon lange nicht mehr gewesen. Keuchend stützte er sich an der Laterne, die Hafen flächendeckend Beleuchtete. Perfekte Zielscheibe.
"Elias?" hörte er eine Stimme und wirbelte erschrocken in die Richtung. Eine Frau. Auf der Bank.
"Levia." sagte er schwer atmend. Seine Augen huschten über ihre Gestallt. Bildete er sich das ein?